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Goldfieber

Auroville – Stadt der Morgenröte. Schon der Name der Kommune in Indien klingt wie eine Verheißung. Aber hält der Ort rund 50 Jahre nach seiner Gründung, was die Utopie verspricht?

Auroville

Text: Roland Rödermund

 

Manchmal muss man weit reisen, um bei sich anzukommen. „Hier fühle ich mich frei“, sagt Maria Groeger. „Ich habe gelernt, was mir jenseits der materiellen Welt wichtig ist.“ Und was ist das? Zum Bespiel Kreativität, Meditation, Harmonie. Fünf Mal, zuletzt zwei Monate lang, lebte die ehemalige Lehrerin aus Münster, 66, in der geheimnisvollen Stadt an der südindischen Koromandelküste: Auroville.

 

Den lieblichen Namen kennt man. Ebenso Bilder der riesigen Goldkugel, dem Meditationszentrum Matrimandir. Doch was genau ist Auroville – Sektenzentrum, Ashram, Künstlerdorf? Eher Sehnsuchtsort oder Spielwiese für Freigeister und Aussteiger und mit knapp 3000 Bewohnern die größte Kommune weltweit. Soziale, moralische, kulturelle, ja alle Unterschiede zwischen Menschen sollen hier aufgehoben werden. Die Gemeinde im Dschungel ist weder politisch noch religiös einem Staat verpflichtet, wird aber seit seiner Gründung 1968 von der UNESCO und der indischen Regierung gefördert. Im Prinzip kann hier jeder für eine unbestimmte Zeit herkommen und etwa an Healing- oder Yoga-Workshops teilnehmen. Für Aussteiger, die dauerhaft in der Gemeinschaft leben und arbeiten wollen, gibt es ein Probe-Jahr. 

 

Die Bewohner, hauptsächlich Inder, Franzosen und Deutsche, haben ihre Berufe und Familien hier, sie organisieren sich in Gremien, um demokratisch über das Leben in ihrer Stadt zu verhandeln. Denn sie glauben an Auroville als eine bessere Welt. „Anfangs fand ich es komisch, dass die Läden in europäischer Hand sind, das Personal aber meist indisch ist“, sagt Maria Groeger. „Aber die indische und die europäische Mentalität ergänzen sich, genau wie die westliche Philosphie und indische Spiritualität. Gäbe es Auroville nicht, hätten viele Inder hier gar keine Arbeit.“

 

An einigen Stellen hapert es noch, die Stadt der Morgenröte ist noch lange kein geldfreier Ort, wie ursprünglich geplant. Und natürlich gibt es auch hier Konflikte im Zusammenleben. High Speed Internet, Motorräder, französische Küche und Cafés mit italienischem Cappuccino klingen ziemlich weltlich, aber im Paradies auf Erden gehören sie auch zur Tagesordnung. Vielleicht ist Auroville einfach ein guter Kompromiss zwischen Himmel und Erde.


 




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