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  • Jetzt wird aufgeräumt!

    Im Haus, am Strand, im Leben und Geist - die Welt ist im Clean-up-Wahn. Woher kommt die neue Entsorgungskultur, und was bringt sie mit sich? Ein geordneten Überblick mit einer aufgeräumten Hauptdarstellerin: Marie Kondo.     Text: Silke Roth Es war Anfang des Jahres 2019, als eine Japanerin plötzlich beim Streaming-Dienst Netflix aufflackerte und ganz Deutschland in die Welt von „Aufräumen mit Marie Kondo“ holte. Auf den ersten Blick eine amerikanische Show, mit echten Menschen inszeniert, die den „Wir entrümpeln“-Effekt über acht Folgen durchspielt. Ratgeber-Sendungen mit prominenten Shopping-Coaches, Fitness-Trainern oder Schuldenberatern sind ein dankbares Format. Doch die Tipps der Ordnungskaiserin Marie Kondo flimmern nicht einfach als Entertainment über den Bildschirm. Die Serie wird zum Riesenerfolg: An nur wenigen Netflix-Usern gehen die Kondoschen Tipps zur Selbststrukturieung vorbei. An regnerischen Sonntagen beschließen nun Paare, Familien und Wohngemeinschaften, den heimischen Kleiderschrank von Grund auf neu zu sortierten. Marie Kondos Aufräumstrategie ist der Ordnungsratgeber, auf den Normalsterbliche anscheinend gewartet haben. Sie dringt genau zur richtigen Zeit in die dunklen Ecken des persönlichen Umfelds, die längst nicht mehr ohne fremde Hilfe zu bewältigen sind. Unschuldig und fast ein wenig schüchtern klopft Kondo in den einzelnen Folgen an die Türen von kalifornischen Haushalten. Sauber gebügeltes Outfit, euphorisch, warmherzig und stets eine Übersetzerin an der Seite. Ihre Mission ist einfach: erst ausmisten, dann aktiv und mit geordnetem Geist neue Wege gehen.     Marie Kondo ist 34 Jahre alt und hat ihr Leben dem Chaos gewidmet. Weniger ihrem eigenen, das hatte sie bereits im Vorschulalter durchsortiert, nein, vielmehr dem von konsumgeplagten Amerikanern. Etwa einer Witwe, die es nach dem Tod ihres Mannes nicht übers Herz bringt, seine Sachen zu entrümpeln, gestressten Eltern, die ihre Beziehung und das Haus vernachlässigen, oder eines Künstlerpaares, das für den ersten Besuch der Schwiegereltern gewappnet sein möchte. Was schnell klar wird - Kondo räumt nicht nur materielle Dinge aus dem Weg. Psychologisch gräbt sie das Leben ihrer Kunden um, wühlt Konflikte auf, lässt Tränen zu und hilft. Wie sie das macht? Mit spielerischen, fast religiösen Ritualen. Beispielsweise einem Ruhemoment in dem man sich für das bedankt, was man besitzt. Für die schützenden Wände, die warmen Räumen, die Menschen, die darin leben, den Dienst, den das Kleidungsstück jeden Tag erbracht hat. Danke, ihr Socken, ihr Schuhe, du gute Haustür! Dann stellt sie klar: „Wir sortieren nicht nach Umgebung, sondern nach Kategorien.“ Phase eins betrifft die Kleidung, Phase zwei alle Bücher, Phase drei Küche, Bad und Garage, in Phase vier ist der Papierkram dran, und zuletzt geht es den sentimentalen Dingen an den Kragen. Alles muss schnell gehen: Zuerst wird ein großer Haufen gemacht, dann weggeschmissen. Sachen, die bleiben, bekommen einen ausgewählten Platz.     Was in den Kleiderschrank zurück soll, wird mit Geduld und Selbstdisziplin nach spezieller Falttechnik aufgerollt. Danach wird alles so gestapelt, dass man glaubt, man baue einen Tempel, der in sich so stabil ist, dass er niemals wieder umfallen wird. Spätestens jetzt springt man als Zuschauer auf, reißt Schubladen heraus und probiert mit zu rollen – Hosen, Socken, T-Shirts, Erinnerungsstücke. Ihre „Konmari“-Methoden, hat die Japanerin längst zur Marke gemacht. Ihre Art, Überblick und Freude in der Ordnung zu sehen, lässt sie sich teuer bezahlen. Sie lebt nicht mehr in Japan, sondern mit zwei Kindern und Ehemann in Los Angeles. Sie schult Google-Mitarbeiter, bildet Clean-up-Coaches aus und verkaufte über sieben Millionen Bücher – übrigens in 27 Sprachen, auch wenn Kondo selbst nur Japanisch und gebrochenes Englisch spricht.    Wer sich für den Unterbau des Manifests interessiert, findet Hinweise in der Netflix-Serie selbst. Ein Hauch Shintoismus weht hindurch, wenn sie Pullovern einen Geist zuspricht oder auf Bücher klopft, bevor sie entsorgt werden. Kondo selbst hat einige Jahre in einem Shinto-Schrein gearbeitet. Die japanische Religion könnte auch der Grund dafür sein, dass sie bei sentimentalen Stücken die wiederkehrende Frage stellt: „Does it spark joy?“ (zu Deutsch: „Spüren sie noch Herzklopfen oder ein bestimmtes Glücksgefühl“). Wenn der Gegenstand nichts auslöst, muss er gehen. Nach getaner Arbeit der Serien-Protagonisten sind die Müllsäcke voll und mancher Zuseher den Tränen nahe. In den USA spricht man mittlerweile sogar von einem Verb: " to kondo ". Klar Schiff machen und anschließend in der Leere glücklich sein.    In einer US-Zeitschrift wurde Kondo als Zen-Version von Aristoteles beschrieben, weil sie das Glück zum Ziel des guten Leben erklärt. Doch warum passt die Sehnsucht nach dem Urzustand, den alten Werten, so gut in unsere Zeit? Warum ist Chaos der erklärte Feind? Weil die moderne Welt im Off- und Online-Modus ein nicht einsehbares Durcheinander ist. Wo früher vom kreativen Chaos gesprochen wurde, rümpfen Kreative heute die Stirn. In Agenturen dominiert die „Clean Desk Policy“. Abends wird der Schreibtisch sauber verlassen, persönliche Dinge haben hier nichts zu suchen. Kein Kaffeebecher, keine Fotogalerie, keine Handcreme. Apple-Store-Ästhetik ist das Maß aller Dinge. Nichts stört die geistigen und digitalen Ressourcen, um am nächsten Tag frische Ideen aufs Papier zu bringen.    Im minimalistischen Schweden begegnet man der Disziplin einer Marie Kondo und der neuen Nüchternheit mit einem noch radikaleren Trend: „Death Cleaning“. Autorin Margareta Magnusson schrieb in ihren Ratgebern zum ersten Mal über das Ausmisten und Ordnen, als würde man morgen sterben. Nun ist Magnusson 85 Jahre alt und hat allein deshalb Grund, darüber nachzudenken. Doch in Skandinavien findet die Methode besonders bei Menschen unter 40 Zuspruch. Das schwedische Wort „Döstädning“ steht für eine Kombination aus den Wörtern „sterben“ und „Sauberkeit“. Ansammeln von Dingen in Schubladen ist verboten. Auch wenn es morbide klingt, berichten die meisten darüber, wieviel leichter und befreiter es sich nach Döstädning lebt.   Links: Better Beach Alliance: Surflabel Reef und die internationale Surf—rider Foundation machen gemeinsame Sache. Statt Hang Loose säubern sie ihren Lieblingsspot auf Teneriffa / Rechts: Weniger ist mehr: „The Minimalists” alias Joshua Fields Millburn und Ryan Nicodemus haben nach eigenen Angaben schon mehr als 20 Millionen Menschen geholfen, mit weniger Besitz viel glücklicher zu sein. Ihr Podcast „The minimalst“ zählt zu den beliebtesten im Bereich Gesundheit.     Bewusster Verzicht und materielle Rückbesinnung sind also keine Altersfrage. Detox-Behandlungen, Clean-Eating-Gastronomie und die Verbannung von Plastik begegnen uns täglich. Milchprodukte, Fleisch und Strohhalme waren bis vor kurzem noch salonfähig. Heute lunchen Hipster in veganen Bistros, trinken Hafermilch und rühren ihren Gin Tonic mit essbaren Stäbchen. Wo früher wilde Strandpartys gefeiert wurden, sammelt man heute Plastikmüll ein. Beach Clubs waren gestern, man trifft sich diesen Sommer am Strand zu Clean-up-Aktionen. Wer seinen materiellen Besitz runterschraubt und Bedürfnisse auf das Mindeste reduziert, lebt im Luxus von morgen. Möchte man diese Entwicklung im großen Ganzen verstehen, rät es sich, sich wieder beim bekannten Streaming-Dienst umzusehen. Die Dokumentation „ Minimalism: A Documentary About the Important Things“ wurde bereits 2016 gedreht und beleuchtet einprägsam Gründe und Folgen des amerikanischen Konsumverhaltens. Mehr zu besitzen, galt als Gleichung für ein besseres Leben; Status, Karriere und Geld untermauern den amerikanischen Traum. Regisseur Matt D'Avella stellt die Theorie in Frage. Dafür begleitet er die beiden bekennenden Minimalisten Joshua Fields Millburn und Ryan Nicodemus auf ihrer Reise durch die USA. Sie sind für ein Jahr auf Promotion-Tour mit ihrem Buch „Everything that remains“ (Alles, was bleibt) unterwegs – und natürlich wenig Gepäck. Während der Film zeigt, wie die beiden ihre Philosophie vor wenig Interessierten verbreiten, werden immer wieder harte Fakten eingestreut: Warum leben Industrienationen heute im größten Wohlstand und sind unzufriedener denn je? Warum bekommen wir nach acht Wochen ein schlechtes Gewissen, wenn wir uns nicht mit etwas Materiellem belohnen? Man erkennt schnell, wie sinnlos das Leben wird, wenn man sich an Besitz bindet. Nach einer Stunde und 19 Minuten möchte man als Zuschauer alles loswerden, was nicht glücklich macht. Ein großes Ziel für jeden Einzelnen, ein noch größeres für Amerika.    Unwahrscheinlich bleibt es dennoch nicht. Sollte der amerikanische Traum in den nächsten Jahren umgeschrieben werden, nehmen sich Maria Kondo und ihre Übersetzer sich dem Phänomen sicherlich an. Aber zuerst muss jeder bei sich selbst wühlen. Die Ordnung der Dinge beginnt im Kleinen.

  • #einefragedesdesigns Sabine Rabe

    Sabine Rabe ist Inhaberin vom Hamburger Büro Rabe Landschaften | Arge Studio Urbane Landschaften - b. Bevor die Architektin bei unserem Netzwerkformat ReFraming Architecture zu Gast ist, haben wir mit ihr über Designlieblinge, neueste Projekte und kreative Orte gesprochen. „Wenn ich träumen darf, würde jede Straße ein Park werden.“ Dieses Zitat, das Sabine Rabe im Interview in der taz tageszeitung vom 27.01.2022 über die Umnutzung von kargen Straßenräumen zu lebendigen Orten äußerte, zeigt, wofür das Herz der Wahl-Hamburgerin schlägt: Grüne Räume, Pflanzen, Natur. Und das war schon immer so. Der Wunsch Flüsse zu renaturieren könnte schließlich als Initialzündung zu ihrem heutigen Beruf gedeutet werden, aber dazu später mehr. Zunächst zur Person: Nach ihrem Studium der Landschaftsarchitektur und Umweltplanung an der Leibniz Universität Hannover forschte Sabine Rabe mehrere Jahre über Freiraumplanung und gründete schließlich 2009 aus dem Büro Ohrt von Seggern + Partner heraus osp urbane landschaft. 2012 firmierte osp zu rabe landschaften um und Sabine Rabe steigt als Teilhaberin bei arge studio urbane landschaften -bildung bei Thomas Gäbel und Hille von Seggern ein. Das interdisziplinäre Team aus Landchaftsarchitekt:innen, Stadtplaner:innen und Architekt:innen gestaltet städtische und landschaftliche Räume – von kleineren Eingriffen über städtische Plätze und Wohnviertel bis hin zu urbanen und Flusslandschaften sowie regionalen Naturgebieten. Dabei besteht die zentrale Herausforderung stets darin, ästhetische, technische und ökologische Aspekte harmonisch in die Gestaltung der Lebensräume der Menschen zu integrieren. Initialzündung? Ich bin Landschaftsarchitektin und wollte Flüsse renaturieren. Liebstes Designstück? Enzi, man kann ihn in seiner ganzen Qualität nur im Museumsquartier in Wien erleben. Lieblingsplatz zu Hause? Der Balkon. Besser nicht. Kreativster Ort? Auf dem Rad und in der Bahn.... da hat man Zeit zu denken. Helden? Andre Dekker von Observatorium Rotterdam Stil? Drinnen ist wirklich nicht meins, das müssen andere machen. Lieblingsmaterial? Pflanzen. Markante Wohnorte? Auf einer Warft auf den Halligen. (siehe Website, Hallig Langeneß). Arbeitsplatz? Kreatives Chaos oder aufgeräumtes Genie ? Ewige Zettelwirtschaft...mal sehen, wann das Papier ausgeht. Inspiration? Was hat Sie zuletzt inspiriert? Die Rhumequelle. Neuheiten und Trends? Zeigen Sie uns Ihr jüngstes Projekt und verraten Sie uns, welches Trends für die Zukunft Sie prägen... "so grün wie möglich" - unser Entwurfskredo im Team.

  • #einefragedesdesigns Johanna Reisch

    Johanna Reisch arbeitet als Head of Department Landscape Nord beim international renommierten Architekturbüro Henning Larsen. Bevor die Landschaftsarchitektin bei unserem Netzwerkformat ReFraming Architecture zu Gast ist, haben wir mit ihr über Designlieblinge, neueste Projekte und kreative Orte gesprochen. Johanna Reisch leitet das Team Hamburg und Berlin, ist Landschaftsarchitektin und für die erfolgreiche Durchführung von Projekten verantwortlich. In Ihren 16 Jahren Berufserfahrung hat sie sich einen weitreichenden Wissens- und Erfahrungshorizont aufgebaut, der vom gestalterischen Konzept bis zur technischen Umsetzung reicht. Als Landschaftsarchitektin sieht sie es als besonders reizvolle Herausforderung, an der Schnittstelle von verschiedenenen Akteuren zu arbeiten und hier ästhetisch sowie sozial und ökologisch anspruchsvolle Orte zu schaffen. Ihre Expertise und ihre Erfahrungen ermöglichen eine ganzheitliche Betrachtung von Landschaftsarchitektur und Städtebau mit einer Herangehensweise, in der Planung und Ausführung nahtlos ineinandergreifen. Am 30. Mai ist sie zu Gast bei unserer Talkreihe ReFraming Architecture by stilwerk. Heute haben wir mit ihre über Lieblingsplätze, kreative Orte und ihre Stil gesprochen. Initialzündung? Ich bin Landschaftsarchitektin. Kunst und die kreative Fächer haben mich schon in de Schule interessiert, darüber hinaus war ich schon immer gerne in der Natur. Diese Mischung hat mich neugierig gemacht. Liebstes Designstück? Die Louis Poulsen Lampe, die ich auf dem Flohmarkt erstanden haben. Lieblingsplatz zu Hause? Aktuell definitiv der Balkon. Kreativster Ort? Der für mich der inspirierendste Ort ist unser Werkstattraum im Überlinger Ursprungsbüro, direkt am Bodensee. Hier sind Modelle und Wasserexperimente entstanden, die meine Arbeit bis heute nachhaltig prägen- jetzt in den Großraumbüros zwischen Hamburg und Berlin. Stil? Dänisch + Vintage. Lieblingsmaterial? Grünzeug. Markante Wohnorte? Ich habe zeitweise als sechstes Mitglied in einem 10qm großen Zimmer in einer generationsübergreifenden Männer-WG gelebt. Ich glaube hier wurden bereits meine Team Skills gefordert. Arbeitsplatz? Kreatives Chaos oder aufgeräumtes Genie - zeigen Sie uns Ihren Schreibtisch. Ich würde sagen: ´kreatives, strukturiertes Chaos". Die clean desk policy funktioniert bei mir leider überhaupt nicht. Charakterstück? In dem fast fertig gestellten Bochum Ostpark steckt vieles drin. Hier durfte ich einen neuen sozialen Ort für die städtischen Anwohner:innen mitgestalten. Der neue Raum gliedert sich entlang einem mit Regenwasser gespeisten Wasserlauf, der attraktiver Aufenthaltsort und Infrastrukturelement zugleich darstellt. Die Planungen von Henning Larsen für den Bochumer Ostpark. Inspiration? Was hat Sie zuletzt inspiriert? Vielleicht haben Sie einen Schnappschuss gemacht... Die gerade aktuelle Ausstellung in den Deichtorhallen SURVIVAL IN THE 21st CENTURY , die Denkanstöße für das zukünftige Zusammenleben gibt. Darüber hinaus hat mich bei meiner letzten Reise auf die Kap Verde, die Handwerkskunst des Trockenmauerbaus sehr fasziniert. Oben v.l.n.r.: Yalda Afsah, Videourle (Filmstill), 2019 © Yalda Afsah Copyright: © Yalda Afsah | Installationsansicht »Survival in the 21st Century«, 2024 mit Werken von James Bridle (vorne) und Edith Dekyndt (hinten) © Deichtorhallen Hamburg, Foto: Henning Rogge Copyright: © Deichtorhallen Hamburg, Foto: Henning Rogge / Unten v.l.n.r.: Abbas Akhavan, curtain call, variations on a folly (2021–), Installationsansicht »Survival in the 21st Century«, Deichtorhallen Hamburg, 2024 © Deichtorhallen Hamburg, Foto: Henning Rogge Copyright: © Deichtorhallen Hamburg, Foto: Henning Rogge | Installationsansicht »Survival in the 21st Century«, 2024 mit Werken von Charles Stankievech (vorne) und Thomas Struth (hinten) © Deichtorhallen Hamburg, Foto: Henning Rogge Copyright: © Deichtorhallen Hamburg, Foto: Henning Rogge Trockenmauerwerk in Cap Verde Dauerbrenner? Designikone, Song, Buch oder Film - zeigen Sie uns Ihren absoluten Klassiker. Salt-N-Pepa - Push it Neuheiten und Trends? Zeigen Sie uns Ihr jüngstes Projekt und verraten Sie uns, welches Trends für die Zukunft Sie prägen... In einer Gestaltung einer Parkanlage in Bremen, entwickeln wir aktuell ein Gestaltungskonzept indem Tiny Forrest eine wesentlich Rolle spielen werden. Diese bilden nicht nur für Biodiversität und das Mikroklima einen Beitrag sondern sind auch identitätsstiftender Baustein für dir Anwohner. In einer gemeinsamen Pflanzaktion wird der Austausch unter den Anwohner und das Bewusstsein für die Natur gefördert. Darüber hinaus begegnet uns immer wieder das Thema der belasteten Böden im Stadtraum. Ein intelligenter Umgang hiermit halte ich für wesentlich in vielen zukünftigen Projekten.

  • Grünzeug mit Botschaft

    Wenn das Gemüse von den Stillleben berühmter Maler auf einmal in Plastikfolie verpackt ist, steckt bestimmt das Architektur-Kollektiv Quatre Caps dahinter. Doch mehr als der Spaß zählt hier die Message. Die malerischen Landschaften der Blue Ridge Mountains © Visit VBR Text von Annika Thomé Von weitem sieht es aus wie ein Monet. Von nahem ist es eher ein „Monet remastered“. Das Obst, das bei dem Impressionismus-Meister lose auf dem Tisch lag, ist nämlich in Plastik konserviert. Tomaten in kleinen Eimerchen, Trauben in rechteckigen Kunststoffschalen, Äpfel in Folie: Für die Fotostrecke „Not longer life“ hat die spanische Architektengruppe Quatre Caps historische Gemälde nachgestellt und in unsere Zeit gebeamt. „Die Idee dazu kam uns im Supermarkt, als wir irritiert vor dem Fertigobst standen. Geschälte und dann wieder verpackte Orangen? Absurd,  Orangen haben doch von Natur aus die perfekte Verpackung!“, empört sich Bernat Ivars, einer der kreativen Köpfe aus Valencia. „Es ist erschreckend – im Supermarkt fällt uns der ganze Plastikmüll gar nicht mehr auf. Aber an den berühmten Kunstwerken schon. Es hat beinahe etwas Komisches, die Klassiker so zu sehen.“ So baumelt auf Juan Sánchez Cotáns „Stillleben mit Quitte, Kohl, Melone und Gurke“ jetzt ein eingeschweißter Kohl vom Holzgestell, im Obstkorb von Caravaggio liegen kleine gelbe Plastikflaschen mit Zitronensaft anstelle echter Zitronen. Und überall Folie, Südfrüchte in Schaumstoffnetzen, Strohhalme, Einwegbesteck, Sixpack-Träger.... Die überarbeiteten Gemälde sprechen für sich – und unseren wahnwitzigen Plastikkonsum. Allein in der EU werden für Essen und Getränke jedes Jahr 1,1 Billionen Verpackungen hergestellt. Die meisten von ihnen bräuchten 600 Jahre, um sich zu zersetzen. Spitzenreiter ist übrigens Coca-Cola; der Mega-Konzern produziert 88 Milliarden Einwegflaschen im Jahr. Aneinandergereiht würden sie 31-mal zum Mond und zurück reichen. „Das sind Themen, die uns interessieren und angesprochen werden müssen“, findet Ivars. Ob die Architekten die Verpackungen nach dem Fotografieren der Kampagne auch sachgemäß entsorgt haben? „Es gab nichts zu recyceln. Die Bilder sind 3D, die Verpackungen am Computer entstanden. Das ist ja das, was wir eigentlich machen – 3D-Visualisierung für Interior-Designer und Architekten.“ Aber einmal fotogrammetrisch festgehalten, haben die Jungs das Obst und Gemüse natürlich ganz einfach analog aufgegessen. Quatrecaps.com Fotos: © Quatrecaps

  • we curate inspiring spaces.

    Mit dem stilwerk Strandhotel Blankenese eröffnen wir im Mai unser zweites Hotel in Hamburg: Wieder ein Jugendstiljuwel, wieder am Wasser, nur diesmal nicht Alster, sondern Elbe. Das Hotel liegt vor der malerischen Kulisse des Blankeneser Treppenviertels und versprüht mediterranes Flair. Was diesen Ort so besonders macht, wie das Interiorkonzept des Hauses ausschaut und welche Farbwelten uns erwarten, darüber sprechen wir mit Karlotta Bott, Head of Curation & Design und Alexander Garbe, Gesellschafter von stilwerk. stilwerk: Was ist das Besondere an diesem Ort? Alexander Garbe: An diesem Ort passiert einfach sehr viel gleichzeitig: Du bist in der Stadt und irgendwie auch raus. Der Strand (übrigens einer der letzten Naturstrände Hamburgs) liegt um die Ecke und gleichzeitig ist der Hafen gegenüber. Containerriesen ziehen vorbei und das malerische Treppenviertel mit seinen Villen liegt hinter Dir. Diese Gleichzeitigkeit ist das Besondere. Sie kreiert eine gewisse Magie, die diesen Ort so besonders macht…zumindest für mich. Karlotta Bott: Absolut – so geht es mir auch immer wieder, wenn ich herkomme. Und das Licht – das Licht in den Räumen ist einfach fantastisch. Wenn die Sonne scheint, entsteht gleich eine so warme Atmosphäre, die mich gefühlt in den Süden beamt. Karlotta Bott, Head of Curation & Design, und Alexander Garbe, Gesellschafter von stilwerk. stilwerk: Ihr habt das Hotel komplett neu gestaltet. Wie startet ein solcher Kreativprozess? Im Team, vor Ort? Lasst uns mal kurz hinter die Kulissen schauen…. K.B.: Auf jeden Fall im Team: Nach einer ersten, gemeinsamen Besichtigung vor Ort, bei der wir erste Ideen, spontane Assoziationen sammeln und vielleicht schon drei, vier Stichwörter finden, die als Rahmen dienen, folgt eine intensive Research Phase: Hier lasse ich mich visuell inspirieren, finde Moods, die unserer Vision vom Ort entsprechen. Bei diesen Moods wird es meist noch gar nicht konkret, sondern vielmehr geht es um eine Stimmung, ein Gefühl, die Atmosphäre, ja in gewisser Weise um eine Haltung, die wir mit dem Space vermitteln möchten. Das Wesen des Ortes sozusagen… A.G.: Stichworte wie zeitlos, modern mit einem gewissen Twist stehen im Prinzip schon fest – das ist sozusagen die DNA von stilwerk und all unseren Destinationen. Aber es ist ein echter Prozess. Mit vielen Kurven, Kreiseln und Wendungen… Mit Moodboards und Collagen startet der Kreativprozess © Luís Bompastor Dann erzählt doch mal – was ist das Designkonzept? A.G.: Wir möchten mit dem stilwerk Strandhotel einen Ort kreieren, der inspiriert, überrascht und an dem Urlaub in der Stadt möglich wird. Urlaub im Sinne von Herunterkommen, Pause machen, Durchatmen. Hier kannst Du gutes Design wirklich genießen,  – für den Business Trip oder auch den Städtetrip. K.B.: Genau, wir wollen hier eine Oase schaffen. Eine Oase zum Wohlfühlen, die dich inspiriert. Ein Ort, der zum Austausch einlädt. Bei der Gestaltung haben wir uns von der Umgebung inspirieren lassen: Wasser, Sand und saftiges Grün definieren unsere Farbwelt. Die Materialien sind insgesamt echt und sehr natürlich. Unlackiertes, gebeiztes Holz, Marmoroberflächen, Messingtöne. Gepaart mit kleinen Brüchen, Twists, die das Gesamtbild spannend machen. Diese Brüche fangen bei der Farbwelt an, gehen über reizvolle, besondere Formen bei den Möbeln weiter und finden den letzten Schliff bei den Accessoires. Das Design der Studios © stilwerk © Luís Bompastor Apropos Farbe: Wie bereits im stilwerk Hotel Heimhude spielt auch im hier Farbe eine echte Hauptrolle  – wie kommt es zu diesem Faible und was sind eure Blankenese Töne? K.B.: Tatsächlich waren in beiden Hotels erst die Farben da und dann kam der Rest. Also ja, Hauptrolle trifft es ziemlich gut (lacht). Für Blankenese sagen wir immer: sky, sun, sea and some greens – also Farbtöne, die von der Natur inspiriert sind und insgesamt eine wirklich gemütliche Atmosphäre schaffen. Dabei spielen Farben natürlich eh eine wichtige Rolle. Wir wollten aber ein Stück darüber hinaus gehen und mutig sein: Farbe als Statement, nicht schrillend bunt, aber klar im Ausdruck. A.G.: Karlotta musste mich zum Teil bremsen, um nicht so bunt zu werden (lacht). Ein gutes Beispiel ist unser Club Room: der ist rosa, aber weit entfernt vom Barbie-Look und einer niedlichen Anmutung. Vielmehr ein zeitloser Vibe, der in Kombination mit dem Mobiliar echt besonders ist. Von Sansgelb bis Dusty Blue: Die Farbpalette ist intensiv und passt zur Natur © Luís Bompastor Perfekte Überleitung: Wie sieht es bei den Möbeln aus - habt ihr neue Marken für den Kosmos entdeckt? Gibt es bestimmte Key-Pieces, die den Blankenese Vibe ausmachen? K.B.: Wir haben uns besonders in Mailand beim Salone del Mobile und auf den 3 Days of Design in Kopenhagen inspirieren lassen. Tatsächlich konnten wir dort einige, neue Marken finden: Atelier Areti beispielsweise, ein kleines Studio aus Italien, das wir im Off-Programm Alcova entdeckt haben und das jetzt unsere öffentlichen Bereiche ausstattet. Mit wirklich tollen Leuchten, die sehr elegant und formal wirklich besonders sind. Oder Rye aus Dänemark, die ihre zeitlosen Betten aus Holz in Dänemark und nur made to order herstellen. Ich könnte jetzt noch ewig weitererzählen, aber um noch ein paar Namen zu nennen: Auch Northern, New Works, Aytm , Urbanara, RackBuddy, Nichba oder Bernstein Bad gehören zu echten Highlight-Marken, die neu im Kosmos sind. A.G.: Ein echtes Key-Piece ist für mich das Verpan Sofa im Club Room. Viel Holz, Metalle und überraschende Accessoires prägen des Design des Hotels © Luís Bompastor Gibt es schon jetzt einen Lieblingsort im Hotel? Wo können wir Euch demnächst also finden? K.B.: Ich liebe die gelben Studios. Ich freue mich schon aufs Probeschlafen und den morgendlichen Tee im Lounge Chair mit einem wirklich einmaligen Blick auf die Elbe. Wenn die Sonne scheint, entsteht eine ganz besondere Magie im Raum. Mein Tipp: Studio Nr. 4 ;) A.G.: Mein absoluter Favorit ist der Club Room. Für mich ein besonderer Space, der mit seiner Mischung aus Bar, Living Room und Community Space zu einem Hotspot in Blankenese werden kann. Das hoffen wir jedenfalls. Der Clubroom mit dem Verpan-Sofa als aboslutes Key-Piece © stilwerk Mit dem stilwerk Hotel Heimhude gibt es bereits ein weiteres Hotel in der Stadt. Auch eine Jugendstilvilla, auch in der Nähe vom Wasser. Was sind für Euch die prägnantesten Unterschiede? A.G.: Heimhude ist unsere Grande Dame in Sneakers: Die Umgebung ist sehr städtisch, trotz Alsternähe. Unsere Gäste kommen für einen kurzen Städte- oder Businesstrip dorthin: Design & Culture, Design & Work, sozusagen. Blankenese ist da ganz anders: Das stilwerk Strandhotel Blankenese ist ein Beach Get-Away in der Stadt. Allein schon durch die Umgebung: Strand, Wasser. Dort umgibt dich sofort eine Ruhe, die dich rausholt und entspannt. Hier können selbst Hamburger:innen Urlaub machen.. Die Idee der stilwerk hotels ist auch die Verbindung von Retail und Hotellerie – soll heißen: alles, was die Gäste an Design sehen, können sie auch kaufen? A.G: So in etwa. In der Tat war das unser Grundgedanke beim Einstieg in die Hospitality Branche: Wir wollen in unseren Hotels Design wirklich erlebbar machen. In Blankenese gehen wir noch einen Schritt weiter als in Heimhude: Hier werden unsere Hosts auch für eine Erstberatung zur Seite stehen und dann auch gerne die Vermittlung an unsere Händler oder die Marke direkt übernehmen. Die kuratierten Studios bieten somit nicht nur eine Unterkunft, sondern auch eine Möglichkeit, in eine kreative Welt einzutauchen und wirklich inspiriert zur werden. Zum Schluss zurück nach Blankenese: Habt ihr drei Wörter parat, die für Euch das Strandhotel Blankenese ausmachen? A.G.: mysterious lady in white….das sind jetzt vier, aber zählt, oder? (lacht) K.B: Drei sind tough: ich brauche glaube ich auch ein paar mehr: Coole Ornamente mit zeitlosen, modernen Designs treffen auf eine gute Portion edge. Dazu kommt einfach die Magie des Ortes… Super. Vielen Dank Euch für die spannenden Insights und Eure Zeit.

  • Places to See: Capital Region USA

    Facettenreiches Urlaubsziel an der US-Ostküste Die malerischen Landschaften der Blue Ridge Mountains © Visit VBR Von den malerischen Landschaften der Blue Ridge Mountains bis hin zu den unzähligen Wassersportaktivitäten auf der Chesapeake Bay hat die Hauptstadtregion an der US-Ostküste eine ganze Menge für einen abwechslungsreichen USA-Urlaub zu bieten. Mittendrin liegt die amerikanische Hauptstadt Washington, DC. Wer glaubt, dass sich hier alles nur um Politik dreht, liegt komplett falsch. Entlang der National Mall säumen sich imposante Monumente, erstklassige Museen und Gebäude wie das Weiße Haus und das US-Kapitol, die man sonst nur aus dem Fernsehen kennt. Lebendige Stadtviertel – einige davon bezaubern mit einer entspannten Waterfront – laden Besucher zum ausgiebigen Shopping, zu kulinarischen Hochgenüssen in 25 Sternerestaurants sowie einem ausgelassenen Nachtleben mit wunderbaren Aussichten von den zahlreichen Rooftopbars ein. Wer genug Großstadtluft geschnuppert hat, nimmt sich einen Mietwagen und begibt sich auf einen Roadtrip durch die angrenzenden Bundesstaaten Maryland und Virginia – zwei Städte sollten dabei unbedingt auf dem Programm stehen. Slider: Das Weiße Haus © washington.org | Kirschblüten in Washington © washington.org | National Museum of Natural History © washington.org | Abraham Lincoln Statue im Lincoln Memorial © washington.org | National Museum of African American History and Culture © Alan Karchmer Annapolis: Maritimes Flair in der charmanten Hafenstadt Mit knapp 6.440 Kilometern Küstenlinie ist Maryland perfekt geeignet für Wassersport- und Strandliebhaber. Ein ganz besonderes Juwel ist Annapolis, die Hauptstadt Marylands sowie die Segelhauptstadt der USA. Heute wird das Flair vom maritimen Treiben am City Dock und durch die U.S. Naval Academy geprägt, die bei geführten Touren oder auf eigene Faust besichtigt werden kann. oben v.l.n.r.: Malerischer Sonnenaufgang in Annapolis © Bob Peterson, ein Blick in die Hauptstraße der Hauptstadt Marylands © Robert Peterson | unten v.l.n.r.: Ein Blick von oben auf die Hafenstadt © Visit Annapolis & Anne Arundel County, die Naval Academy in Annapolis © U.S. Naval Academy Rund um den Hafen und entlang der Main Street befinden sich kleine Boutiquen, die überwiegend lokal besetzt sind und Handgefertigtes, Kunst sowie Souvenirs bieten. Auf den Speisekarten der Restaurants stehen Crab Cakes und frisches Seafood. Charlottesville: Weingenuss am Fuße der Blue Ridge Mountains Der Bundesstaat Virginia beeindruckt mit der vielfältigen Landschaft von Bergmassiv bis Küste sowie mit fast 400 Weingütern, die Besucher zu genussvollen Verkostungen einladen. Vor genau 250 Jahren hat hier der ehemalige US-Präsident Thomas Jefferson den Grundstein für den US-Weinanbau gelegt. Ein Ausritt in die Weinberge von Charlottesville © CACVB Heute können Urlauber nicht nur seinen Landsitz Monticello, sondern auch zahlreiche prämierte Weingüter rund um Charlottesville besuchen. Die Region wurde zur "2023 Wine Region of the Year" von Wine Enthusiast gekürt. Die charmante College-Stadt sorgt zudem mit erlesenen Resorts im malerischen Umland sowie modernen Hotels in Downtown Charlottesville für eine vielfältige Auswahl an Übernachtungsmöglichkeiten. Wandern und Radfahren lässt es sich besonders gut im nahegelegenen Shenandoah National Park. Links: Downtown Charlottesville © VTC | Rechts: Malerisch: Monticello, der Landsitz vom ehemaligen US-Präsidenten Thomas Jefferson © Virginia Tourism Corporation Neugierig geworden? Mit unserem Reise-Partner CRD Touristik  im stilwerk Hamburg könnt ihr eure Reise in die Capital Region individuell gestalten und buchen.

  • Material Girls

    Ein Stuhl soll gut aussehen und bequem sein? Moment! Fragt man das Kollektiv Hyloh, ist das Wichtigste an einem Produkt das, woraus es besteht. Die Material-Experten beraten Firmen zur Optimierung ihrer Herstellungsprozesse. Eins ihrer wichtigsten Themen: Nachhaltigkeit. © Hyloh Text: Judith Jenner Nachhaltigkeit bedeutet, dass künftige Generationen das haben, was sie brauchen. So wie wir momentan konsumieren ist es nicht nachhaltig, wel wir zu viel nehmen und zu viel verschwenden. Wenn Fiona Anastas, Elodie Ternaux und Sarah D’Sylva einen Stuhl ansehen, interessiert sie weniger seine Bequemlichkeit. Sie sehen das Holz, aus dem er geschaffen ist, mit welcher Art Schrauben die  Sitzfläche mit den Beinen verbunden ist und welche Art von Stoffgleitern den Boden schonen, auf dem er steht. Die drei Frauen haben 2017 mit anderen internationalen Designern und Material-Profis das Kollektiv Hyloh gegründet. Was sie eint, ist die Frage nach dem Stoff, aus dem Alltagsgegenstände wie Kaffeemaschinen, Armbanduhren oder Möbel gemacht sind. „Wenn wir unsere Entdeckungen und Informationen teilen, können wir einfach noch besser arbeiten“, sagt Fiona Anastas. Den Namen Hyloh leiteten die „material minds“ vom altgriechischen Begriff „Hylo“ ab, der übersetzt so viel wie Stoff oder Materie bedeutet. „Material ist alles, nichts existiert ohne Grund. Uns fasziniert nicht allein dessen konstante Weiterentwicklung, sondern auch die Verbindung zum Menschen – und das aus sensorischer, emotionaler und wertschöpfender Perspektive“, erklärt Elodie Ternaux. Statt in einem gemeinsamen Büro sitzen die Mitglieder von Hyloh in der halben Welt verstreut. Fiona Anastas arbeitet entweder direkt beim Kunden oder in einem Co-Working Space in Brooklyn. In Video- oder Telefonkonferenzen tauscht sie sich mit ihren Kollegen in Australien, China, Deutschland oder Frankreich aus. © Hyloh Persönlich treffen sie sich auf Design-Messen; etwa in Mailand oder Amsterdam, wo Hyloh dieses Jahr im Rahmen des „FRAME Labs“, einem Kongress des gleichnamigen Design-Magazins, unterschiedliche Zukunftsszenarien und Materialwelten präsentierte. Klimaschutz spielte nicht nur dort eine wichtige Rolle. „Nachhaltigkeit bedeutet, dass künftige Generationen das haben, was sie brauchen. So wie wir momentan konsumieren, nehmen und verschwenden wir viel zuviel“, sagt Fiona Anastas. Ihrer  Ansicht nach gibt es keine wirklich nachhaltigen Materialien; der Begriff würde die Problematik nur vereinfachen. Und wie kann man dann gegen den Klimawandel anwirken? Die überzeugendste Strategie sehen die Hylohs in der Formel: „reducing, refusing and reusing“. Mit ihr könne man auch das restaurative Design revolutionieren. „Wenn wir eine Kreislaufwirtschaft anstreben, müssen wir Abfall als Ressource betrachten“, erläutert Kollegin Sarah D'Sylva. „Dank verbesserter Recycling-Technologien ist es heute ja möglich, Abfälle wieder zu einem vergleichbaren Rohstoff umzuwandeln. Oder alternativ in einen neuen Werkstoff mit einer besonderen Ästhetik.“ Beispiele dafür sind das Textil-Recycling-Material BlockTexx, Ecor Panels aus Papierfasern oder das Material Seaqual aus 100 Prozent recycelten Polyesterfasern, die teils aus Kunststoffabfällen aus der Schifffahrt stammen. Klingt wie die Lösung aller Probleme, doch noch benötigt die Infrastruktur für Recycling und Wiederaufbereitung viel Investition und Entwicklung. „Bis diese Lücke geschlossen ist, sollten sich Verbraucher für Produkte aus recycelten Materialien entscheiden, die sich reparieren und wiederaufarbeiten lassen. Oder für Marken, die Rücknahmeprogramme anbieten“, empfiehlt Sarah. Auf diese Weise sei zumindest eine regenerative Schleife garantiert. Interessante Entwicklungen sehen die Material-Experten von Hyloh bei biologisch abbaubaren Materialien. Das Versprechen klingt verlockend: Wie Kartoffelschalen oder Kaffeesatz werden sie kompostiert und bauen sich rückstandsfrei ab, ja liefern der Umwelt sogar Nährstoffe. Eine verbindliche Norm soll garantieren, dass sich die Materialien tatsächlich vollständig zersetzen und nicht als Mikropartikel in der Erde oder den Meeren bleiben. Dafür braucht es allerdings eine entsprechende Kompostieranlage, was logistische Herausforderungen mit sich bringt. Zu den Trends der Zukunft zählen die Profis von Hyloh nicht nur gewachsene Stoffe, sondern auch althergebrachte Herstellungsweisen wie Fermentierung. Dazu geht es auch darum, neue Verwendungsmöglichkeiten für traditionelle Materialien wie Hanf oder Rattan zu erkunden. Was technische Materialien und Herstellungsverfahren angeht, sehen sie Photovoltaik, Graphen oder 3D-Druck auf dem Vormarsch. Ihren Kunden rät Hyloh auf dem Hintergrund von Studien, komplette Herstellungsverfahren zu überdenken, um zu einem nachhaltigeren und runderen Produkt zu gelangen – zum Beispiel, indem Klebstoffe eliminiert werden oder geschichtete Monomaterialien zum Einsatz kommen. Mit Erfolg, die Liste der Auftraggeber ist breit gefächert. Sie kommen etwa aus der Unterhaltungselektronik, der Architektur, der Einrichtungs-, Verpackungs- und Kosmetikbranche. Für die Zukunft prognostiziert Fiona Anastas: „Materialien wird man zunehmend so wählen, dass ihre Haltbarkeit im Einklang mit ihrer vorgesehenen Lebensdauer steht. Dazu sollen sie die Werte einer Marke verkörpern. Insgesamt werden sie uns aber weiterhin so voranbringen, wie sie es immer getan haben.“ Fragt man Hyloh, so sind Materialien nichts weniger als der Motor der Menschheit.

  • AJ: Arne Jacobsen

    Der dänische Architekt strebte stets das Gesamtkunstwerk an: Kein Wunder also, dass er nicht nur Häuser plante, sondern gleich das ganze Interior mit entwarf. Einige der Entwürfe sind heute Ikonen und fast bekannter als viele seiner Bauwerke. Arne Jacobsen Arne Emil Jacobsen, 1902 in Kopenhagen geboren, gilt bis heute als einer der bedeutendsten Architekten und Designer Dänemarks. Seine Entwürfe sind puristisch und zeitlos schön. Nach dem Studium an der Royal Danish Academy of Fine Arts gelang Jacobsen 1929 der Durchbruch mit einem Konzept für das „Haus der Zukunft“, das er gemeinsam mit Flemming Lassen entwickelte. In all seinen Bauprojekten versuchte Jacobsen ein stimmiges Gesamtkonzept zu entwickeln und entwarf kurzerhand auch die passende Inneneinrichtung selbst. Insbesondere mit dem SAS Royal Hotel in Kopenhagen verwirklichte Jacobsen in den 1950er Jahren exemplarisch seine Vision, Architektur und Design zu vereinen. Neben der „AJ“-Leuchte, einer futuristischen Besteckserie und zahlreichen Textilien kreierte er 1958 mit „Egg“ und „Swan“ gleich zwei Sitzmöbel für den Lobby- und Lounge-Bereich des neuen Hotels, die es in die Annalen der Designgeschichte schafften und bis heute von Fritz Hansen produziert werden. Den ausschließlich horizontalen und vertikalen Linien des Gebäudes setzte er formal die kurvige Gestalt des „Egg“-Sessels als perfekten Kontrast entgegen. Der zweite Sessel „Swan“ spiegelt die Naturverbundenheit des Designers wider, der sich vermutlich von den eleganten Vögeln inspirieren ließ, die Kopenhagens unzählige Wasserwege bevölkern. Wie sein tierisches Pendant ist der „Swan“ geprägt von anmutigen Schwüngen – ebenfalls als Gegenpol zu den ansonsten geraden Linien des SAS Royal Hotels. Die Prototypen für die beiden Sessel entstanden in Arne Jacobsens Garage in Klampenborg nördlich von Kopenhagen. Für die Sitzmöbel nutze Jacobsen eine damals neuartige Herstellungstechnik, die eine robuste Kunststoffinnenschale mit einer Kaltschaumpolsterung verbindet. Beide Sessel werden danach mit Leder oder Stoff bezogen und auf einen drehbaren Sternfußaus Aluminium gesetzt. Im stilwerk findet ihr „Egg“ und „Swan“ bei  P.Art1 Einrichtung in Düsseldorf.

  • The Fireplace

    Kreative Kollaboration: Die Küchenmarke next125 hat sich mit Stararchitekt Francis Kéré zusammengetan und mit "The Fireplace" die neue Kampagne entwickelt. Ein Zusammenspiel aus archaischer Einfachheit und purer Eleganz. Ein Pavillon aus aneinandergereihten, naturbelassenen Fichtenstämmen. So einfach wie komplex, so reduziert und gleichzeitig so erhaben, mit skulpturaler Prägnanz und von poetischer Schönheit. Ein Raum, der sein Inneres - die Feuerstelle - beschützt und zugleich in sakraler Ruhe inszeniert. Emotional, elegant und einfach wunderschön. Ein einzigartiges Zusammenspiel aus Architektur und Design. Das Herzstück dieser Inszenierung ist die Küche von next125. Zentral unter der Kuppel liegt die Kochstelle, die mit Lichtstrahlen von oben erleuchtet wird. Zu dieser warmen, natürlichen Umgebung zeigt sich die Küche mit bronziertem Spiegelglas an allen Fronten als guter Kontrast: Die Oberfläche ist gleichzeitig kühl und doch gibt sie dank Reflexion die umgebende Wärme wieder. Der neue so genannte Ansatztisch spiegelt die Grundidee Kérés wider: Die Küche als Ort der Zusammenkunft, als Ort der Gemeinschaft zu zelebrieren. Die Arbeit bedeutete für Kéré, der mit seinem Berliner Büro weltweit außergewöhnliche Projekte umsetzt, auch eine Reise in die Vergangenheit: „Mit next125 an The Fireplace zu arbeiten, hat mich sofort in meine Kindheit zurückgebracht. Ich bin sozusagen vom bayerischen Herrieden ins burkinische Gando zu meinen Wurzeln gereist.“ Francis Kéré The Fireplace ist aktuell auf der Milan Design Week ausgestellt und wird zukünftig als Kampagne ausgespielt. Eine außergewöhnliche Zusammenarbeit, die wieder einmal zeigt: Kreative Kollaborationen führen zu überraschenden und fantastischen Motiven. „Es zeigt die Macht der Inspiration eines Creative Makers wie Francis Kéré. Mit seinen kreativen Impulsen entstand ein Kampagnenmotiv, das den Markenkern und die Werte von next125 in der nächsten Zeit weitertragen wird und noch viele inspirierende Geschichten erzählen kann.“ Markus Schüller, Geschäftsführer Schüller Möbelwerk KG Die Küchen von next125 sind im Showroom im stilwerk Hamburg erhältlich. Alle Fotos: © next125

  • BoConcept x BIG

    BoConcept lanciert Kollektion "Nawabari" mit BIG - Bjarke Ingels Group. Ab sofort bei BoConcept im stilwerk Hamburg erhältlich. Begeistert vom Produkt: Bjarke Ingels und Jakob Lange, Head of Product bei BIG, im Gespräch. © BoConcept Eine Designkollaboration zwischen zwei Größen des dänischen Designs kommt nicht alle Tage vor. Doch jetzt ist es soweit: BoConcept freut sich über die Zusammenarbeit mit dem weltweit renommierten Architektenbüro BIG – Bjarke Ingels Group – und präsentiert die exklusive „Nawabari“ Kollektion. „BoConcept ist bekannt für seine eleganten und zeitlosen Designs, die in jedem Raum zum Blickfang werden. Mit dieser Zusammenarbeit öffnen wir uns dem für BIG charakteristischen aufrüttelnden Ansatz mit verspielten, informellen Designs. Wir sind stolz darauf, für diese Kollektion mit Bjarke und seinem Team zusammenarbeiten zu können.“ Paula Mc Guinness, Chief Marketing Officer Die Inspiration Das Design der Kollektion, das unter der Federführung von Partner und Head of BIG Products Jakob Lange geschaffen wurde, ist von der traditionsreichen japanischen Kunstform des Seilbindens inspiriert, um enge Bindungen zu knüpfen. „Nawa“ bedeutet auf Japanisch Seil, und der Begriff „Nawabari“ bezeichnet traditionell das Spannen von Seilen. „Als wir mit dieser Kollektion begannen, waren wir auf der Suche nach einer neuen Ausdrucksform für Möbel. Uns interessierten die Formen, die entstehen, wenn ein Material mit Seil gebunden wird. Das Ergebnis sind diese skulpturalen organischen Formen, die den Kern dieser Möbelfamilie bilden.“ Jakob Lange Kunstwerke für das designorientierte Zuhause Die Nawabari Kollektion ist eine Einladung an alle, die elegantes Design lieben, ihr Zuhause in eine kreative Kunstgalerie zu verwandeln. Die farbenfrohen Nawabari Hocker setzen einzigartige Statements, mit denen jeder Raum, ob Schlafzimmer oder Home Office, zu einem lebhaften und kunstvollen Ort wird. Die Nawabari Kollektion besteht aus zwei Sofaoptionen, einem Sessel, zwei Couchtischen und zwei großen Hockern. Sie kann in zahlreichen Stoffen und Farben aus dem breiten Angebot von BoConcept zusammengestellt werden und ist damit vielseitig einsetzbar. Zu den verfügbaren Stoffen gehört auch der luxuriös weiche Ravello Stoff, der in sechs Farben wählbar ist: Sandfarben, Beige, Grau, Graugrün, Dunkelblau und Altrosa. Die Einfachheit und Eleganz von BoConcept gepaart mit der zukunftsorientierten Ästhetik mit zweckdienlichem Anspruch von BIG machen jedes Design der Nawabari Kollektion zu einem unvergleichlichen Designerlebnis mit höchstem Komfort und künstlerischer Formgebung. Die Nawabari Kollektion ist ab sofort bei BoConcept im stilwerk Hamburg erhältlich. Weitere Informationen zum Launch finden Sie unter boconcept.com.

  • Zurück in die Zukunft

    Nach dem Fortschritt sollen Architekten und Stadtplaner ausgerechnet in der Vergangenheit suchen – das fordert Julia Watson in einem vielbeachteten Buch. Die Landschaftsarchitektin will moderne Errungenschaften mit indigenem Wissen verbessern. Auch der Baubotaniker Ferdinand Ludwig setzt Altbewährtes im neuen Gewand. © Amos Chapel / Taschen Verlag. Über Jahrzehnte gewaschen: eine lebende Brücke im indischen Dorf Mawlynnong. Text und Interview: Manuel Almeida Vergara Grün schlägt Grau, das weiß eigentlich jeder. Nur gelingt es dem Menschen viel zu selten, in seinen Lebensumwelten zu pflanzen und zu pflegen statt zu betonieren und zu asphaltieren. Das war schon mal anders und ist es in manchen Weltregionen noch immer. Dort nämlich, wo traditionelle Techniken und Architekturmethoden seit Ewigkeiten fortbestehen. Auf den Philippinen pflanzen Menschen noch heute Reis und Gemüse auf den Reisterrassen von Banaue an, die vor etwa 2000 Jahren von der austronesischen Bevölkerung gebaut wurden. Im südlichen Irak errichtet die beduinische Bevölkerungsgruppe der Ma’dan ganze Häuser aus Schilf, die sich an nur einem Tag auf- und wieder abbauen lassen. Im indischen Kolkata betreiben die Bengalen seit rund 100 Jahren ein einzigartiges System der Fischzucht im Abwasser, das dadurch gleichzeitig wieder aufbereitet wird. Rund 120 solch traditioneller, oft auch massiv bedrohter Technologien hat Julia Watson gemeinsam mit Studierenden zusammengetragen. Watson ist Landschaftsarchitektin, betreibt ein Designstudio, forscht und lehrt an der Columbia University in New York. In Interviews und Vorträgen fordert sie nicht nur dazu auf, die Errungenschaften indigener Völker etwa vor Kulturwandel und Verstädterung zu schützen – Watson will zudem, dass die Techniken und Methoden auf eine Anwendbarkeit für moderne, auch urbane Räume hin geprüft werden. Beinahe 20 Beispiele für noch immer existierende Praktiken, die in modernisierter Form Antworten geben könnten auf dringende Fragen unserer Zeit, stellt sie in „Lo-TEK – Design by Radikal Indigenism“ vor. Das Buch, in überaus schön gestalteter Form und kurzweiliger, englischer Sprache bei Taschen erschienen, soll ein Aufruf, auch ein Weckruf sein: Die hochmodernen Errungenschaften der westlichen Welt werden durch den Klimawandel, den sie verursachen, auf den Prüfstand gestellt. Ein Blick auf indigene Technologien und Methoden, glaubt Julia Watson, könne dabei helfen, zukunftsfähigere Lösungen zu finden. Mehr gesundes Grün ins triste Grau bringen die uralten Methoden sowieso. Buch: Julia Watson: "Lo-TEK. Design by Radical Indigenism, Taschen Verlag, 2020, 420 Seiten, 40 Euro. / © David Lazar / Taschen Verlag, Über Jahrhunderte gepflegte Reisterrassen auf der indonesischen Insel Bali. Häuser aus dem Blumentopf Ferdinand Ludwig ist Professor, Architekt und „Baubotaniker“. Vor 15 Jahren prägte er den Begriff, heute forscht und lehrt er an der Technischen Universität München dazu. Hier erklärt er, warum lebende Architekturen aus der Vergangenheit Inspiration für unsere Zukunft sein können. © Ludwig Schönle. Ein Bauwerk, das atmet: Der Platanenkubus im baden-württembergischen Nagold, der aus mehr als 1000 junge Pflanzen entsteht. Herr Ludwig, wie sind Sie zur Baubotanik gekommen? Im Grunde über historische Beispiele lebender Architektur, von denen es unterschiedliche gibt. Die „Tanzlinden“ zum Beispiel, die so überformt werden, dass begehbare Baumkronen-Räume entstehen. In den 80er- und 90er-Jahren gab es auch aus der Ökobewegung heraus eine Reihe von Ansätzen, Aspekte der lebenden Architektur aufzugreifen. Gestört hat mich daran immer der Nischencharakter. Wie meinen Sie das? Ich bin von der Idee getrieben, wie sich daraus Profit für die moderne Architektur und Stadtentwicklung schlagen lässt. Ziel der Baubotanik ist die Entwicklung von Konzepten, Techniken und Entwurfsmethoden, um unsere gebaute Lebensumwelt zu verändern. Häuser und Bäume sollen systematisch zusammengedacht, sie sollen fusioniert und zusammengebaut werden. Daran schließen sich verschiedene Themenbereiche an, die viel mit Stadtgrün und -klima sowie dem Zusammenspiel von Wasser und Pflanzen, also blaugrünen Infrastrukturen zu tun haben. Das Feld der Baubotanik reicht von Ingenieurwissenschaften bis zu Naturwissenschaften und erforscht komplexe Themen wie die lebenden Brücken der Khasi und Jiantia-People im indischen Bundesstaat Meghalaya. 74 dieser Brücken haben Sie untersucht. Was macht sie so besonders? Der Baum wird wirklich als Konstruktionsmaterial aufgefasst. Da wird nichts in ihn reingebaut wie bei einem Baumhaus, sondern dahinter steht ein auf Jahrzehnte angelegter, grundsätzlicher Plan. Dafür wird auf der einen Flussseite ein Baum gepflanzt. Wenn er nach 15 Jahren so groß ist, dass er Luftwurzeln bildet, fängt man an, diese über den Fluss zu leiten und so zu verschlingen, dass daraus ein Konstrukt entsteht. Der Plan muss immer wieder angepasst und weiterentwickelt werden, über Jahrzehnte hinweg. Dieses Transformieren eines lebenden Organismus in eine funktionale, schöne Struktur, ist einzigartig. Aber welchen Nutzen kann die moderne Architektur daraus ziehen? Was man von den Brücken lernen kann, ist etwa die Strategie des langfristigen Denkens. Das ist heute natürlich schwierig, weil niemand bereit ist, so lange auf etwas zu warten. Aber Bäume sind essentiell, um der Überhitzung der Städte entgegenzuwirken. Also entwickeln wir in der Baubotanik Techniken, um schneller große Grünvolumina in Städten zu erzeugen. Sich im Sinne der Nachhaltigkeit auf historische Praktiken zurückbesinnen, ist aktuell ja ohnehin ein großes Thema. Wir arbeiten zwar zu historischen Beispielen wie den lebenden Brücken. Genauso sind aber auch hochmoderne Quellen Teil unserer Forschung. Neue Erkenntnisse aus der botanischen Grundlagenforschung etwa, oder moderne Entwurfsmethoden. Zum Teil kommt auch Simulations-Software aus der Forstwissenschaft zum Einsatz. Es wäre total verkürzt zu sagen, die Baubotanik übertrage nur alte Praktiken in die Zukunft. Diese Praktiken müssen ja transformiert und mit neuem Wissen angereichert werden! Für uns weisen die lebenden Brücken nicht den Weg „zurück zur Natur“, sondern in eine Zukunft, in der Natur und Technologie zu symbiotischen, aber auch komplementären Hybriden verschmelzen. Wie kann so etwas aussehen? Der Platanenkubus in Nagold ist unser bisher größtes Projekt und ein gutes Beispiel: eine lebende Struktur in der Größenordnung eines mehrstöckigen Hauses. Sie besteht aus mehr als 1000 jungen Pflanzen, von denen nur die unteren im Boden und alle anderen in Pflanzentöpfen wurzeln. Alle Pflanzen sind so miteinander verbunden, dass sie zu einer netzartigen Struktur verwachsen, zu einer einzigen großen Pflanze. Ab einem bestimmten Zeitpunkt können die Töpfe und das Stahlgerüst entfernt werden, und eine eigenständige, lebende Architektur ist entstanden.

  • Places to See: The Future

    Wo machen wir in Zukunft Urlaub? Welche Form ist mit der Umwelt im Einklang, welche technischen Fortschritte spielen eine bedeutdente Rolle? Wie geht’s mit dem Tourismus im All weiter – kommt der ernstzunehmende Durchbruch oder bleibt alles eine Träumerei von Multimillionären? Wird uns der Klimawandel andere Ansprüche an die Luxus-Hotellerie lehren? Viele Fragen, bisher wenig Antworten. Doch bereits jetzt zeigen neue Design-Projekte, wie innovativ die Zukunft des Reisens sein kann. Urlaub im All? An der Vision wird gearbeitet....©Orbital Assembly Corporation Von Silke Roth Eco-Floating Hotel, Katar Umgeben von grün-blauem Wasser, mitten im Ozean der arabischen Halbinsel soll es andocken: das erste schwimmende Hotel der Welt. Die Umsetzung stellt gerade Architekten, Nautik-Experten und Umwelt-Ingenieure auf eine harte Probe. Auch wenn die Kombination aus der Mega-City Katar, Yachtanleger und Hubschrauberlandeplatz alles andere als ressourcenschonend klingt, wird hier unter strengen Nachhaltigkeits-Richtlinien gebaut. Die 350.000 Quadratmeter große Konstruktion gewinnt Energie, indem sie rotiert. Strom wird über Wind, Sonnen- und Gezeitenkraft erzeugt, alles zugunsten minimalem Energieverlust. Binnen 24 Stunden dreht sich das Luxushaus um die eigene Achse, nur das Pier bleibt statisch. Das geschieht jedoch so langsam, dass kein Gast Angst vor Schwindel haben muss – mit Meerblick aus allen 152 Zimmern wäre dies schließlich fatal. Aufgrund seiner Beweglichkeit kann das Hotel theoretisch an jeden Ort wandern. Eine Sache, die das Konzept besonders mit Hinblick auf die anstehende Weltmeisterschaft attraktiv macht. Wohlhabende Fußballfans mit Luxus und Nachhaltigkeit zu empfangen, klingt vielversprechend. © Hayri Atak Architectural Design Studio Svart Resort, Norwegen Ein traumhafter Panoramablick am Fuß des Svartisen Gletschers, knapp oberhalb des nördlichen Polarkreises. Wer an so einem kostbaren Ort baut, verpflichtet sich, die Natur zu schützen. So wurde aus dem norwegischen „Svart Resort“ das weltweit erste Luxushotel mit positiver Energiebilanz. Durch getankte Sonnenenergie wird aktuell der Bau des Gebäudes sowie der Hotelbetrieb abgedeckt. Vielmehr noch – der Überschuss an generierter Power versorgt die umliegende Infrastruktur. Wer sich nun fragt, wie sich ein kreisförmiger Neubau von der Uferlinie eines Gletschers bis ins Wasser des arktischen Fjords erstrecken kann, ohne die Natur zu beeinflussen – auch hier wurde weit gedacht: Das Tragewerk steht auf einer Stelzenkonstruktion oberhalb der Wasseroberfläche. Somit wird das in sich geschlossene Ökosystem nur punktuell berührt und nicht zerstört. svart.no/ © MIRIS AS Voyager Station, Weltall Ein gigantisches, bewohnbares Rad, das im erdnahen Orbit schwebt – klingt wie der Schauplatz eines Science-Fiction Films. Doch das Szenario könnte schon in vier Jahren wahr werden: Mit einem Durchmesser von 200 Metern wird die rotierende Raumstation „Yoyager“ in die Umlaufbahn der Erde integriert. Alle 90 Minuten soll sie diese umrunden. Blicken die Gäste dann aus ihren Suiten, sehen sie die Erde in ihrer ganzen planetarischen Anmut. In der Umsetzung wird mit zwei Hauptträgern gearbeitet. Am inneren Ring können Raumschiffe andocken, sowie Passagiere empfangen und Fracht entladen werden. Der äußere Ring ist das Rückgrat. Er dient als Aufhänger für die bewohnbaren Module, Sonnenkollektoren und Heizkörper. Aber wie finden im schwerelosen Raum eigentlich Annehmlichkeiten wie Duschen, Schlafen, Saunen und Restaurantbesuche statt? „Durch eine simulierte Schwerkraft wird alles ähnlich funktionieren, wie man es auf der Erde gewohnt ist“, sagt das verantwortliche Raumfahrtunternehmen OAC. Man darf gespannt sein. voyagerstation.com © Orbital Assembly Corporation Kisawa Sanctuary, Mozambique Ein Luxusretreat, das nachhaltigem Urlaub auf den Grund geht – diese Vorgabe wurde hier wörtlich genommen. Denn beim Bau des „Kisawa Sanctuary“ wurden Materialien und Elemente aus dem 3D-Drucker gewonnen. Eine neu entwickelte und patentierte Sanddrucktechnologie arbeitete mit Sand – und Meerwassermörtel. So wurden Bauschutt und Emissionen reduziert und gleichzeitig nachhaltige Rohstoffe eingesetzt. Ein Design-Ansatz, der aber keineswegs die Expertise lokaler Handwerker ausschließen sollte. Man wollte schließlich neben der Umwelt auch die örtliche Kultur bewahren. Alle zwölf Bungalows wurden deshalb mit Hilfe lokaler Kunsthandwerker eingerichtet, von Tischlern bis zur Weberin, was mehr als 1000 Arbeitsplätze in der Umgebung schuf. Das traditionelle Know-how über den Einsatz von Stroh oder Textil ist auch in einem 5-Sterne-Hotel Gold wert. Im Jahr 2020 eröffnete das afrikanische Resort auf Benguerra Island, in unmittelbarer Nähe eines Nationalparks. Ein Ort, der Luxus neu definiert, indem er das subtropische Ökosystem schützt und die Community miteinschließt. Gutes Design ist eben nicht nur dafür da, schön auszusehen. Es kann auch als Werkzeug dienen, die Erde zu erhalten. kisawasanctuary.com/ © Bacchus Agency Forestis Dolomites, Südtirol Umgeben von mildem Klima, reiner Luft, vielen Sonnenstunden und kostbarem Quellwasser kann man auf 1800 m Höhenmetern im Örtchen Palmschoss das Zeitgefühl schon mal verlieren. Und genau dafür wurde das Ruhe-Resort „Forestis Dolomites“ gebaut. Knapp 20 Kilometer von der Stadt Brixen entfernt, fügt sich das 5-Sterne-Hotel in das malerische Dolomiten-Panorama ein. Im Jahr 2010 gab es hier nur das denkmalgeschützte Herrenhaus mit typisch alpinen Fenstern und einer wettergeprägten Fassade. Dann entschlossen sich die jungen Inhaber, einen Schritt weiterzugehen und anzubauen. Aber wie kommt man dabei nicht der Natur in die Quere? Man baut nachhaltig, CO2-neutral und arbeitet, wie der benachbarte Wald es tut: in die Höhe. So entstanden drei baumhohe Türme mit minimalistischen Suiten, Penthouse-Appartments und einem Spa. Den besten Ausblick hat hier deshalb jeder. Alles wurde aus regionalen Hölzern gefertigt, der Innenausbau und die Einrichtung mit Schreinern und kleinen Betrieben aus der Umgebung umgesetzt. Für jeden gefällten Baum wurden zwei neue gepflanzt. Und wer sich fragt, was so wundervoll in den Zimmern duftet: Es sind die naturbelassenen Fichtenhölzer. forestis.it/de © FORESTIS Dexamenes Seaside Hotel, Griechenland In einem alten Weintank aus den 20er-Jahren zu übernachten, klingt zunächst gewöhnungsbedürftig. Nicht aber, wenn man das Areal am Kourouta Beach sieht, einem der unberührtesten Küstenabschnitte des westlichen Peloponnes. Anstatt einen hochmodernen Luxus-Komplex zu bauen, entschied man sich mit den Überbleibseln einer ehemaligen Kellerei, ein Design-Hotel entstehen zu lassen. 34 Zimmer, die ein Stück griechisch-architektonische Handelsgeschichte mit sich tragen, und das alles direkt am Meer. Der raue Industrial-Chic und die Ursprungform wurden erhalten. Notwendige, neue Elemente wurden mit recyceltem Stahl, Holz und Glas ergänzt. Im umliegenden Gelände versorgt sich das Küchen-Team durch biologischen Anbau teilweise selbst. dexamenes.com/ © Dexamenes Arcana, Kanada Social Distancing auf höchstem, ästhetischen Niveau – das Hideaway der kanadischen Architekten Leckie Studios trifft mehr als den Nerv der Zeit. Irgendwo in einem Waldstück der Provinz Ontario, etwa zwei Autostunden nördlich von Toronto entfernt, entsteht „Arcana“: hölzerne Design-Appartments, die durch verspiegelte Fassaden im Wald verschwinden. Durch die rostfreie Stahlverkleidung können die Gäste der Natur besonders nah sein. Der Blick nach draußen ist wie durch ein normales Fenster – doch von außen sieht man nicht hinein. Jedes Appartment ist ähnlich einer Hütte aus Pinienholz gestaltet: knapp 26 Quadratmeter inklusive fließendem Wasser, Küchenzeile und Schlafkapsel mit gigantischer Fensterfront. Wer morgens aufwacht, könnte damit rechnen, ein paar Tiere zu begrüßen. Bereits nach wenigen Stunden fühlt man sich im Kreislauf der Natur angekommen. Zur modernen Version eines Waldcamps gehören auch eine separat zugängliche Sauna und eine Feuerstelle. Und wer sich nun sorgt, dass die Tierwelt von den Spiegelwänden irritiert werden könnten, der sollte wissen: Die Oberfläche ist absichtlich leicht verzerrt, so dass Rehe und Co. die künstlich erzeugte Reflexion wahrnehmen können. Verletzungsgefahr somit ausgeschlossen. findarcana.com © Andrew Latraille

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